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der Bohrabteilung war G.A. Bakkendorf. Im Mai 1898 hatte „Gebr. Nobel“ mit Richard Sorge,
dem Spezialisten für Tiefbohrtechnik aus Berlin-Groß-Lichterfelde, eine Abmachung getroffen,
diesen an die Bakuer Naphtawerke als technischen Konsultanten zu berufen. Das Abkommen
wurde im März 1899 dahingehend erweitert, „alle Neuerungen & Verbesserungen auf dem
Gebiet der Tiefbohrtechnik & Exploitation der Naphtafelder zu verfolgen & zu beobachten.“
Weiter hieß es in dem Schreiben: „Gleichzeitig ermächtigen wir Sie, gleichsam als unser
Vertreter die diesbezüglichen Etablissements & Fabriken zu besuchen & nach vorhergehender
Berichterstattung an uns, mit denselben in unserem Namen behufs Einführung, eventuell
käuflicher Erwerbung oder Bestellung von neuen Apparaten & Instrumenten inUnterhandlung
zu treten.“
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Innerhalb kürzester Zeit entstanden um die direkte Förderung des Rohöls Werkstätten
und Fabriken, Wohnsiedlungen sowie Handels- und Transportunternehmen. Tausende
Arbeitskräfte strömten in die Stadt. Allein die Anzahl größerer Fabriken zur Kerosinherstellung
betrug um die Jahrhundertwende 71, davon stellten 21 Schmierstoffe her, fünf Benzin.
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Neben unzähligen Reparaturwerkstätten eröffneten Tankbehälter und Schiffe montierten. Das
Stahlwerk „Štopper O.A. & Co.“ nahm der von dem deutsche Ingenieur Otto Alois Stopper im
Jahr 1913 in Betrieb. Hervorgegangen war das Werk aus einer vernachlässigten armenischen
Fabrik, die mit Unterstützung des Handelshauses „Stucken & Co.“ modernisiert wurde. Etwa
hundert Arbeiter stellten hier im Siemens-Martin-Verfahren Stahl her, elf Werkbänke dienten
zur Bearbeitung von Metallen.
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Die Fabrik produzierte Stahlform-Gussstücke, die sich großer Nachfrage erfreuten und
besaß eine herausragende Bedeutung als Hersteller von Stangen-und Schlagbohrern sowie
Blechröhren für die Bohrlochausfütterung. Unter den größeren Metallbetrieben war auch die
Firma „Eisenschmidt &Co.“ unter der Leitung von Adolf Gustav Felauer mit 130 Beschäftigten.
Sie hatte sich ebenfalls auf die Herstellung von Gusseisen und Bohrgestängen spezialisiert,
produzierte jedoch auch Walzen für Mühlen.
Die metallerzeugenden und -verarbeitenden Fabriken wurden ergänzt durch eine Vielzahl
von mechanischen Werkstätten. Unter ihnen waren Namen wie Otto Heinrich Kaber, G.G.
und L.L. Stele, I.B. Reichmann, J.I. Schaube, Karl Kopf, S.U. Fisch und B.E. Fritsch neben den
bereits erwähnten größeren Stahl- und Eisenfabriken anzutreffen.
16.
NARA (Baku), f. 798, op. 1, d. 45, l. 16.
17.
Nanita
š
vili (1988), S. 71.
18.
Ežegodnik (1915), S. 362.