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Kühlaggregate, Heizungen sowie Kühlaggregate, Ausrüstungen für Mühlen, Schöpfwerke
und Baumwollreinigungsanlagen sowie Werkbänke für die Holz- und Metallbearbeitung
vertrieb. Bis 1906 arbeitete er wie vereinbart mit Schubert zusammen, dann vertrat er neben
Otto-Deutz“ auch „K. Enke“, Schkeuditz und die „Linde AG“, Wiesbaden allein. Mit Sprach-
und technischer Sachkompetenz und auf der Basis der Kenntnis der spezifischen örtlichen
Bedingungen sowie langjähriger Erfahrungen imUmgangmit denKunden erreichteGierse ab
1908/09
eine kontinuierliche Steigerung des Absatzes. Dass er dabei, trotz eher bescheidener
Zahlungen von Deutz – zu einem kleinen Vermögen kam, lässt sich aus der Eingabe der
Tiefbohr- und Naphtagesellschaft „Gebr. Boepple Co. AG“ an die Deutsche Kaukasische
Delegation in Georgien vom 15. September 1918 feststellen. In dieser wird darauf verwiesen,
dass Gierse 4.600 Aktien des Unternehmens sowie weitere Wertpapiere gehörten, die er
Boepple zur Verwahrung gegeben hatte.
26
Bei der Scheinübertragung seines Lagers am 29.
Mai 1915 an den Kollegienregistrator J. Ch. Winter wiesen die Lagerbestände einen Wert
von 17.594,11 Rbl. aus, ausstehende Rechnungen beliefen sich auf 198.613,57 Rubul. und
Wechsel auf 28.909,50 Rubel.
27
Winter zahlte an Gierse vom vereinbarten Kaufpreis, der
mit 109.614,66 Rubel. bereits deutlich unter dem Wert des Unternehmens lag, lediglich
614
Rubel und 66 Kopeken aus. Mit 500 Rubel in der Tasche verließ Gierse das Land; die
Spuren seiner Verkaufsaktivitäten und die seiner Kollegen sollten jedoch in der Form von
Maschinen zurückbleiben. Und noch heute scheint es dem aufmerksamen Besucher eines
On-shore-Feldes von Ramana oder Balachani, als könne er diese Spuren entdecken. Ebenso
werden heute in Aserbaidschan lebende Menschen sicher nicht wissen, dass, sie wenn sie
von „
girse
sprechen und damit hohe Gummistiefel meinen, diese dem Geschäftssinn eines
Deutschen zu verdanken haben.
Immerhin berichtete 1913 das Bakuer Konsulat nach Berlin: „Automobile wurden
verhältnismäßig viel gekauft; während zu Anfang des Berichtsjahres hier 50 Privatautomobile zu
verzeichnen waren, stieg die Zahl derselben am Jahresende auf über 100. “Immerhin handelten
schon zehn Firmen in Baku mit Automobilen. So wurde z.B. „Gebr. Peugot“(Valentino) von
Tillmanns & Co. vertreten, „Benz & Co.“ (Mannheim) von Pavel Pirone, die „Wanderer-Werke“
(
Chemnitz) von L. Papemaier, dieAutowerke Eisenach vonA. Schubert.Wann der ersteMercedes
auf den Straßen von Baku zu bestaunen war, ist nur zu vermuten. Da sich die Bakuer Ölbarone
in der Regel nicht von der St. Petersburger oder Moskauer Gesellschaft unterschieden, dürften
die ersten Autos um die Jahrhundertwende auch nach Baku geliefert worden sein. 1913 startete
die wohl erste Autotour zwischen Tiflis und Baku. In Helenendorf war Adolf Gottlob Vohrer,
26.
Schreiben aus dem Privatbesitz von Ludvig Gierse.
27.
NARA (Baku), f. 577, op.1, d. 390, l. 5-6ob