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Lebensadern: Kommunikation – Transportwege – Wasser
Dass Carl Siemens hinsichtlich der personellen Situation in Südkaukasien nach seiner
Meinung gefragt wurde, war keineswegs Zufall, gehörte die „Firma Siemens & Halske“ doch
seit dem Krimkrieg (1853-1856) nicht nur zu den Wirtschaftspionieren in Zentralrussland,
sondern auch zu den Vorreitern im Kaukasus.
So baute sie zwischen 1858 und 1863 die
Telegrafenverbindungen
zwischen Tiflis-Kodžori-
Kutaisi-Poti-Bor
ğ
omi und Vladikavkaz und im Juli 1863 stand bereits eine durchgehende
Verbindung zwischenMoskau und Tiflis. Am24. Januar 1864 verband eine erste LinieDschulfa
und Nachtschivan, von dort führten Anschlüsse nach Erivan und Tiflis. Im Januar 1868 stand
die Verbindung zwischen Tiflis und Baku über Elizavetpol‘, im Frühjahr war auch Nucha, das
heutige Schäki, angeschlossen.
Während insgesamt das Russlandgeschäft in den 1870er-Jahren weniger erfolgreich verlief,
blieben Siemens-Fachleute auchweiterhin in der Region. Zumeinenwar es wegen der von 1868
bis 1870 errichtete längsteÜberlandlinie derWelt, die inKaukasienüber Suchumi, Kutaisi, Tiflis
und Erivan nach Dschulfa verlief und gewartet werden musste, zum anderen baute Siemens
&
Halske weitere Regionalverbindungen: Im Januar 1876 wurde die Verbindung zwischen
Elizavetpol‘ und Schuscha hergestellt und drei Jahre später die Verlegung des Telegrafenkabels
auf dem Grund des Kaspischen Meeres von Krasnovodsk (Kyzyl Su, heute Türkmenbaschi)
nach Baku abgeschlossen, die mit den weiterführenden Strecken die Verbindung zwischen
den mittelasiatischen Regionen, Kaukasien und Westeuropa ermöglichte.
Auch als die Telegrafie durch das Telefon ergänzt wurde, konnte ein deutscher Unternehmer
eine Monopolstellung erringen. Bereits Ende 1880 hatte „
Kavkaz i Merkurija
eine erste
Telefonlinie in Baku verlegen lassen. Bis 1885 waren es schon 14, die vor allem die Erdölfelder
mit den Verwaltungsbüros verbanden. Schließlich erhielt die Firma Gustav List (Stammsitz
in Moskau) den Auftrag zum zentralisierten Ausbau privater Linien, so dass ab 1886 ein
modernes Telefonnetz in Baku funktionierte („ulica telefonnaja“, heute „28.Mai“), welches
zur Jahrhundertwende 1.146 Anschlüsse miteinander verband und Klagen über das „List’sche
Monopol“ hervorrief. Nur allmählich folgten ähnliche Verbindungen zwischen den Städten,
so um 1912 zwischen Kuba und Chatschmaz, Nucha und Elizavetpol‘ sowie Baku und Tiflis.
Unzureichend erforscht ist derzeit noch die Beteiligung deutscher Firmen am Bau der
Transkaukasischen Eisenbahnverbindungen.
WährendderZugang zuden zentralrussischenGouvernements über denWasserweg (Kaspi-
Wolga) erschlossen war, stellte die Schaffung einer schnellen und preiswerten Verbindung
nach Mitteleuropa ein Problem dar. Immerhin dauerte Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen
Poti am Schwarzen Meer und Baku noch einen Monat.
Der neue Statthalter, Fürst Michail Nikolaevi
č
,
favorisierte einen Schienenweg von Poti
nach Tiflis und im Juni 1865 wurde mit dem Bau begonnen. Am 10. Oktober 1872 konnte
die Verbindung freigegeben werden. Ein Jahr später entstand im Gebiet Baku zunächst der